Datenschutzwoche
DSK kritisiert Verordnung zur verbesserten DSGVO-Durchsetzung
In einer Stellungnahme vom 1. September 2023 übt die Konferenz der unabhängigen Datenschutzaufsichtsbehörden des Bundes und der Länder (Datenschutzkonferenz, DSK) deutliche Kritik an der geplanten Verordnung der EU-Kommission zur verbesserten Durchsetzung der DSGVO (siehe DatenschutzWoche vom 27.02.2023). Die DSK begrüßt zwar, dass die EU-Kommission die Durchsetzung der DSGVO verbessern möchte, kritisiert jedoch, dass viele der geplanten Regelung zu tief in „[…] bewährte und positive Aspekte der Zusammenarbeit der europäischen Aufsichtsbehörden […]“ eingreifen. Die Datenschutzkonferenz hält daher grundlegende Nachbesserungen des Verordnungsentwurfs für erforderlich. Andernfalls würden die Ziele der geplanten Verordnung nicht nur gefährdet, sondern konterkariert.
OLG Köln: Lizenzanalogie auch im Datenschutzrecht?
Mit Urteil vom 04. Mai 2023 (Az. 15 U 3/23) hat das Oberlandesgericht (OLG) Köln erstmals eine Lizenzanalogie zur Bemessung des Schadens nach Art. 82 Abs. 1 DSGOV angewandt. Dem Rechtstreit lag die Klage eines Sternekochs zugrunde. Das beklagte Unternehmen hatte dessen Namen sowie ein von ihm stammendes Zitat zu Werbezwecken in einem Versandkatalog genutzt.
In seiner Entscheidung stellt das OLG Köln zunächst fest, dass eine Einwilligung des Klägers notwendig gewesen wäre, da „[…] offensichtlich kein Fall des Art. 6 Abs. 1 lit. f) DSGVO […]“ vorgelegen habe. Da eine solche Einwilligung nicht vorlag bzw. von der Beklagten nicht dargelegt wurde, sei die Verarbeitung ohne Rechtsgrundlage erfolgt. Hierfür stehe dem Kläger ein Schadensersatzanspruch zu, der auch eine fiktive Lizenzgebühr umfassen könne. Im vorliegenden Fall sei diese mit einem Betrag von 1.500 Euro zu bemessen.
Hintergrund: In der juristischen Welt ist die Lizenzanalogie bisher vor allem aus dem Recht des geistigen Eigentums, insbesondere des Urheberrechts, bekannt. Sie dient der Bemessung des Schadensersatzanspruchs im Fall von unrechtmäßigen Eingriffen in geschützte Positionen eines Rechteinhabers. Für das Urheberrecht ist in § 97 Abs. 2 Satz 3 UrhG wie folgt geregelt: „Der Schadensersatzanspruch kann auch auf der Grundlage des Betrages berechnet werden, den der Verletzer als angemessene Vergütung hätte entrichten müssen, wenn er die Erlaubnis zur Nutzung des verletzten Rechts eingeholt hätte.“
Internationale Nachrichten
- Europa: Der EDSA hat Leitlinien zu Art. 37 der Law Enforcement Directive (Drittlandsübermittlungen) veröffentlicht und zugleich eine öffentliche Konsultation gestartet. Stellungnahmen können bis zum 8. November 2023 abgegeben werden.
- Kroatien: Wegen mehrerer Verstöße gegen die DSGVO hat die kroatische Datenschutzaufsichtsbehörde ein Bußgeld über etwa 5,5 Millionen Euro gegen ein Inkassounternehmen verhängt.
Aktuelle Gerichtsentscheidungen
- OLG Köln, Urteil vom 04.05.2023, Az. 15 U 3/23 (Volltext): Unrechtmäßige Verwendung eines Namens in einem Versandkatalog – Nach Auffassung des Gerichts kann der Anspruch aus Art. 82 Abs. 1 DSGVO eine fiktive Lizenzgebühr umfassen (hier: 1.500 €).
- OLG Düsseldorf, Urteil vom 16.08.2023, Az. 12 U 59/22 (juris): Gegenüber dem Ersatzanspruch des Insolvenzverwalters kann sich der Geschäftsführer nicht auf ein Zurückbehaltungsrecht wegen Ansprüchen aus der DSGVO berufen.
- OLG Karlsruhe, Beschluss vom 24.08.2023, Az. 19 U 28/23 (juris): Der Anspruch des Klägers auf materiellen Schadensersatz gem. Art. 82 Abs. 1 DSGVO umfasst auch die Erstattung der dem Kläger entstandenen vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten.
- OLG Rostock, Urteil vom 29.08.2023, Az. 4 U 166/22 (juris) zum Recht auf Auskunft nach Art. 15 DSGVO – „Aus der Zweckrichtung des Art. 15 DSGVO folgt keineswegs zwingend, dass der Anspruch auch nur mit ihr übereinstimmend ausgeübt werden darf [...]“
- OLG Dresden, Beschluss vom 29.08.2023, Az. 4 U 1078/23 (GRUR-RS 2023, 26617): Für die Herbeiführung einer rechtswidrigen Schufa-Eintragung kann die immaterielle Entschädigung nach Ar. 82 DSGVO mit 1.500,00 € bemessen werden. Die Bemessung erfolgt nach Erwg. 146 DSGVO.
- OVG Lüneburg, Beschluss vom 14.09.2023, Az. 5 ME 55/23 (juris): Kein Bewerbungsverfahrensanspruch (Art. 33 Abs. 2 GG) im Verfahren zur Ernennung des Landesbeauftragten für den Datenschutz Niedersachsen.
- OLG München, Verfügung vom 14.09.2023, Az. 14 U 3190/23 e (Volltext): Der Senat beabsichtigt, die Berufung zurückzuweisen, da er der Auffassung ist, dass im vorliegen Fall kein Schadensersatz nach Art. 82 Abs. 1 DSGVO wegen Scraping bei Facebook besteht.
Neuigkeiten aus den Aufsichtsbehörden
- Datenschutzkonferenz: „Stellungnahme der DSK zum Entwurf der Europäischen Kommission: VERORDNUNG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES zur Festlegung zusätzlicher Verfahrensregeln für die Durchsetzung der Verordnung (EU) 2016/679 (COM(2023) 348 final)“ – Stellungnahme vom 01.09.2023
- Bundesdatenschutzbeauftragter: „BfDI für effektivere Regeln zur Durchsetzung der DSGVO bei grenzüberschreitenden Sachverhalten“ - Pressemitteilung vom 26.09.2023
- Datenschutzaufsicht Rheinland-Pfalz: „Tätigkeitsbericht zum Datenschutz 2022“ – zugehörige Pressemitteilung vom 27.09.2023
- Datenschutzaufsicht Rheinland-Pfalz: „Rheinland-pfälzischer Landesdatenschutzbeauftragter startet in zweite Amtszeit – mit eigenem Mastodon-Account“ – Pressemitteilung vom 01.10.2023
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Bundesdatenschutzbeauftragter: „BfDI informiert Postdienstleister über Datenschutz“ – Pressemitteilung vom 09.10.2