DatenschutzWoche vom 18. September 2023

OVG Niedersachsen: Landesdatenschutzbeauftragter kann ernannt werden

Das OVG Niedersachsen hat die Beschwerde der ehemaligen Landesbeauftragten für den Datenschutz Niedersachsen (LfD Niedersachsen) zurückgewiesen und damit eine Entscheidung des VG Hannover bestätigt. Dieses hatte bereits im Juni 2023 den Antrag der ehemaligen LfD Niedersachsen auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, um die Ernennung des vom Niedersächsischen Landtag gewählten LfD-Nachfolgers zu unterbinden, abgelehnt.

Laut OVG Niedersachsen fehlt es an der erforderlichen Rechtsverletzung. Die LfD Niedersachsen konnte keine Verletzung ihrer subjektiven Rechte wirksam geltend machen. Der sogenannte Bewerbungsverfahrensanspruch (das Recht gemäß Art. 33 Abs. 2 Grundgesetz auf eine ermessens- und beurteilungsfreie Einbeziehung in die Bewerbungsauswahl um ein öffentliches Amt) findet keine Anwendung. Diese Vorschrift gilt nicht für Ämter, die durch demokratische Wahlen besetzt werden. Im Fall des LfD Niedersachsen ist die Besetzung durch den Landtag – also einen von Wahlbürgern gewählten Wahlkörper – vorgesehen.

Der ehemaligen LfD Niedersachsen stehen auch keine eigenen Rechte aufgrund des Transparenzgebots der DSGVO bezüglich des Ernennungsverfahrens (Art. 53 Abs. 1 DSGVO) oder aufgrund der Regelung bezüglich der Auswahlkriterien für die Bewerbenden (Art. 53 Abs. 2 DSGVO) zu. Die Vorschriften der DSGVO dienen laut dem OVG Niedersachsen nicht den subjektiven Interessen der ehemaligen LfD Niedersachsen, sondern einzig dem öffentlichen Interesse an einem transparenten Besetzungsverfahren der jeweiligen Datenschutzaufsichtsbehörde.

LAG Baden-Württemberg zum Schadensersatz bei verspäteter Auskunftserteilung

Das LAG Baden-Württemberg hat entschieden, dass die bloße verspätete Auskunftserteilung auf ein Auskunftsverlangen einer betroffenen Person nach Art. 15 Abs. 1 DSGVO an sich keinen immateriellen Schaden begründet und deshalb keinen Schadensersatzanspruch gemäß Art. 82 DSGVO nach sich zieht. Damit folgt das LAG Baden-Württemberg einer aktuellen Grundsatzentscheidung des EuGH, wonach der reine Gesetzesverstoß gegen die DSGVO keinen Schadensersatzanspruch begründet. Laut EuGH braucht es darüber hinaus einen auf der Gesetzesverletzung kausal beruhenden (immateriellen) Schaden der betroffenen Person.

Das LAG Baden-Württemberg ist der Ansicht, dass Art. 82 Abs. 1 DSGVO auch keine Vermutung enthält, wonach ein potenzieller Kontrollverlust über die eigenen Daten, der ggf. mit einem Verstoß gegen die DSGVO einhergeht, automatisch zu einem ersatzfähigen immateriellen Schaden führt. Das Gericht stellt zudem klar, dass ein Antrag auf Auskunftserteilung über „sämtliche personenbezogene Daten“ in der Regel nicht dem Bestimmtheitserfordernis im Sinne der Zivilprozessordnung genügt.

Internationale Nachrichten

  • Irland/Europa: Im Anschluss an einen Streitbeilegungsbeschluss des EDPB hat die irische Datenschutzaufsichtsbehörde gegen TikTok ein Bußgeld in Höhe von 345 Millionen Euro verhängt. Grund dafür sind Datenschutzverstöße bei der Verarbeitung der personenbezogenen Daten von Kindern und Jugendlichen

Aktuelle Gerichtsentscheidungen

  • OLG Zweibrücken, Beschluss vom 15.11.2022, Az. 6 VA 6/22 (juris): Die Übermittlung einer Betreuungsakte an eine Staatsanwaltschaft im Rahmen der Amtshilfe kommt hinsichtlich der durch die maßgeblichen datenschutzrechtlichen Vorschriften gezogenen Grenzen in Betracht.
  • LG Berlin, Urteil vom 15.06.2023, Az. 93 O 167/20 (GRUR-RS 2023, 22723): Die Beklagte wird verurteilt, es zu unterlassen, ohne aktive Einwilligung der Nutzenden Cookies einzusetzen, die eine plattformübergreifende Nachverfolgung des Nutzungsverhaltens ermöglichen.
  • LG Bielefeld, Urteil vom 07.07.2023, Az. 4 O 275/22 (juris): Kein Anspruch auf Schadensersatz nach Art. 82 DSGVO wegen des Kopierens des Personalausweises einer Patientin in einer Kinderwunschpraxis, da kein immaterieller Schaden entstand.
  • AG München, Urteil vom 26.07.2023, Az. 322 C 3109/23 (2): Kein Anspruch auf Löschung eines Kfz-Versicherungsfalls aus dem Hinweis- und Informationssystem der deutschen Versicherungswirtschaft (HIS) aus Art. 17 Abs. 1 DSGVO.
  • OLG Düsseldorf, Urteil vom 27.07.2023, Az. 12 U 59/22 (BeckRS 2023, 23213): Kein Zurückbehaltungsrecht gem. § 273 Abs. 1 BGB wegen etwaiger Auskunftsansprüche aus Art. 15 Abs. 1 DSGVO, da kein rechtlich enges Verhältnis zum Ersatzanspruch des Klägers besteht.
  • LAG München, Beschluss vom 02.08.2023, Az. 3 Ta 142/23 (Volltext): Unter Berücksichtigung des § 48 Abs. 2 GKG ist im vorliegenden Fall für den Auskunftsanspruch nach Art. 15 Abs. 1 DSGVO ein Wert in Höhe von 500,00 € festzusetzen.
  • LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 27.07.2023, Az. 3 Sa 33/22 (Volltext): Die verspätete Auskunftserteilung auf ein Verlangen nach Art. 15 Abs. 1 DSGVO stellt an sich keinen immateriellen Schaden dar.

Neuigkeiten aus den Aufsichtsbehörden