Datenschutz­woche

#94

Neuer Angemessenheitsbeschluss für die USA

Am 3. Juli 2023 hat das U.S. Department of Commerce mitgeteilt, dass offiziell alle Maßnahmen des EU-U.S. Data Privacy Frameworks umgesetzt sind. Nun hat die EU-Kommission den  Angemessenheitsbeschluss verabschiedet. Damit sind Datenübermittlungen an Datenempfänger, die unter dem EU-U.S. Data Privacy Framework zertifiziert sind, formal nicht mehr zu beanstanden und werden erheblich erleichtert

Zuvor hatte US-Präsident Biden mit der Executive Order 14086 unter anderem den Datenzugriff der Nachrichtendienste formell auf das für den Schutz der nationalen Sicherheit notwendige und verhältnismäßige Maß beschränkt; außerdem wurde ein neuer Rechtsbehelfsmechanismus für Betroffene in Europa geschaffen.

Dennoch gibt es schon jetzt deutliche Kritik von Datenschutzaktivisten. Es bleibt abzuwarten, ob der neue Angemessenheitsbeschluss einer zukünftigen Überprüfung durch den EuGH standhalten wird.

EuGH: Datenschutz auch im Kartellrecht relevant

Der EuGH hat im Rechtstreit zwischen Meta und dem Bundeskartellamt mit Urteil vom 04. Juli 2023 (Rs. C-252/21) entschieden, dass eine nationale Wettbewerbsbehörde im Rahmen der Prüfung, ob eine marktbeherrschende Stellung missbraucht wird, auch feststellen darf, ob gegen die DSGVO verstoßen wird.

Voraussetzung dafür ist, wie der EuGH in seiner Antwort an das OLG Düsseldorf darlegt, dass die Bewertung, ob die DSGVO eingehalten wird, ausschließlich erfolgt, um einen Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht zu beurteilen. Darüber hinaus müssen die nationalen Wettbewerbsbehörden sich eng mit den Datenschutzaufsichtsbehörden abstimmen, um eine kohärente Auslegung des Datenschutzrechts zu gewährleisten.

Außerdem beschäftigt sich der EuGH in einem Urteil auch mit der Verarbeitung von sensiblen Daten und stellt hohe Anforderungen an eine offensichtliche Veröffentlichungen im Sinne von Art. 9 Abs. 2 lit. e) DSGVO.

Daneben stellt der EuGH auch die Rechtsgrundlagen, die Meta für eine Datenverarbeitung nutzen darf, auf den Prüfstand und bringt sowohl bei der Erfüllung des Nutzervertrags als auch beim berechtigten Interesse an der Nutzung von Daten für Werbezwecke eine erhebliche Skepsis zum Ausdruck. Gerade dieser Aspekt der Entscheidung dürfte weit über den konkreten Fall hinaus Bedeutung entfalten.

Internationale Nachrichten

Aktuelle Gerichtsentscheidungen

  • OLG München, Teilurteil vom 14.07.2022, Az. 6 Sch 38/18 WG (GRUR-RS 2022, 47761): Die DSGVO steht einer Auskunftspflicht gem. § 54 f Abs. 1 UrhG nicht entgegen. Rechtsgrundlage für die Verarbeitung können Art. 6 Abs. 1 S. 1 c) DSGVO und Art. 6 Abs. 1 S. 1 f) DSGVO sein.
  • OLG Dresden, Urteil vom 16.08.2022, Az. 4 U 246/22 (BeckRS 2022, 48435): Bei der Auslegung, was in diesem Sinne rechtsmissbräuchlich ist, ist auch der Schutzzweck der DSGVO zu berücksichtigen. Es besteht kein Anspruch auf Auskunft über die auslösenden Faktoren einer Erhöhung der Beiträge zur privaten Krankenversicherung.
  • Verwaltungsgericht Köln, Urteil vom 23.02.2023, Az. 13 K 278/21 (Volltext): Die Versendung von Beihilfebelege an einen Dritten (Verstoß gegen Art. 9 Abs. 1 DSGVO) durch das Bundesverwaltungsamt rechtfertigt ein Schmerzensgeld in Höhe von 1.000 Euro.
  • FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 01.03.2023, Az. 16 K 16155/21 (BeckRS 2023, 15992): Ein Verstoß gegen die DSGVO als solcher reicht für das Entstehen eines Schadenersatzanspruchs nicht aus, es bedarf der Darlegung und des Nachweises eines konkreten Schadens.
  • FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 09.03.2023, Az. 16 K 16034/22 (BeckRS 2023, 15777): In dem bloßen Bekanntwerden einer Mobilfunktelefonnummer vermag das Gericht nicht einmal einen Bagatellschaden zu erkennen.
  • AG Stuttgart, Beschluss vom 03.06.2023, Az. 20 OWi 1497/23 (juris): Vermieter von eScootern müssen eine zustellungsfähige Anschrift und die Identität des Nutzers erfassen oder die Verfahrenskosten für ein erfolgloses OWiG-Verfahren tragen. Es besteht kein Widerspruch zum Datenschutzrecht.
  • OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 20.06.2023, Az. 7 B 10360/23 (Volltext): Die DSGVO steht weder der Preisgabe der Daten des Fahrzeugführers durch den Fahrzeughalter an die Polizei- oder Bußgeldbehörden noch dem Führen eines Fahrtenbuchs entgegen.
  • VG Bremen, Beschluss vom 03.07.2023, Az. 4 V 1018/23 (BeckRS 2023, 16094): Die Kammer folgt nicht der Auffassung, dass eine effektive, unionsrechtskonforme Wahrnehmung der Datenschutzaufsichtspflichten stets ein besonderes öffentliches Vollziehungsinteresse begründet.
  • EuGH, Urteil vom 04.07.2023, Rs. C-252/21 (Volltext): Eine nationale Wettbewerbsbehörde kann im Rahmen der Prüfung, ob eine marktbeherrschende Stellung missbraucht wird, einen Verstoß gegen die DSGVO feststellen.
  • LG Ingolstadt, Endurteil vom 01.06.2023, Az. 81 O 549/22 (GRUR-RS 2023, 14661), ablehnend zu Schadensersatz wegen Scraping bei Facebook

Neuigkeiten aus den Aufsichtsbehörden