DatenschutzWoche vom 14.11.2022

Verwaltungsgericht Neustadt: Datenerhebung im Rahmen des Zensus 2022 rechtmäßig

Das Verwaltungsgericht Neustadt hat mit Beschluss vom 27. Oktober 2022 (Az. 3 L 763/22.NW), dass die Auskunftspflichten der Gebäude- und Wohnungszählung im Zensus 2022 die herangezogenen Eigentümer nicht in eigenen Rechten verletzten. Aus datenschutzrechtlicher Sicht ist an der Entscheidung besonders interessant, dass das Gericht auch den Einsatz von Cloudflare auf der Webseite zum Zensus 2022 beurteilen musste. Hierzu stellt das Gericht fest, dass das Hosting einer amtlichen Homepage für den Zensus 2022 durch ein US-amerikanisches Unternehmen nicht automatisch zur Rechtswidrigkeit des Zensus 2022 führt. Zur Begründung für das Gericht aus, „[…] dass die Datenverarbeitung durch Cloudflare gerade nicht die Befragungsdaten der Auskunftspflichtigen zum Zensus, sondern lediglich allgemein zugängliche Informationen auf der Webseite […]“ betrifft. Unter Bezugnahme auf den Beschluss des OLG Koblenz vom 7. September 2022 (Az. 15 Verg 8/22) stellt das Gericht außerdem fest, dass der Verantwortliche auf die vertraglichen Zusagen von Cloudflare vertrauen darf und Einlassungen der Antragsteller zu einem denkbaren Zugriff US-amerikanischer Sicherheitsbehörden (z.B. über den „CLOUD-Act“) spekulativ bleiben. Die Entscheidung ist bei Beck-online als BeckRS 2022, 30971 abrufbar.

Bundesgerichtshof: Erneute EuGH-Vorlage zur Klagebefugnis von Verbraucherverbänden

Mit Beschluss vom 10. November 2022 (Az. I ZR 186/17) hat der BGH dem EuGH erneut eine Frage vor Klagebefugnis von Verbraucherschutzverbänden vorgelegt. Die Frage, ob Verbraucherschutzverbänden nach dem deutschen Recht eine Klagebefugnis für Datenschutzverstöße eingeräumt werden kann, hatte der EuGH in seinem Urteil vom 28.04.2022 (C-319/20) grundsätzlich bejaht. Wie sich aus der Pressemitteilung zum aktuellen Beschluss ergibt, möchte der BGH allerdings nunmehr vom EuGH wissen, ob die Klagebefugnis von Verbraucherschutzverbänden auch besteht, wenn ein Verbraucherschutzverband seine Klage darauf stützt, die Rechte einer betroffenen Person seien durch eine unzureichende Information über die Datenverarbeitung verletzt. Voraussetzung dafür wäre, dass eine unzureichende Information über die Datenverarbeitung eine Rechtsverletzung „infolge einer Verarbeitung" im Sinne von Art. 80 Abs. 2 DSGVO wäre. Hiernach scheint der BGH Zweifel zu haben.

Internationale Nachrichten

  • Österreich: Mit Beschluss vom 17.10.2022 (Az. 6 Ob 102/22a) hat der OGH Österreich entschieden, dass Daten über (temporäre) Zahlungsausfälle auch dann für künftige Gläubiger von Interesse sind, wenn ein verlässlicher „[…] Rückschluss auf den spezifischen Grund des (temporären) Zahlungsausfalls […]“ nicht möglich ist.
  • Slowenien: Die slowenische Datenschutzaufsichtsbehörde hat entschieden, dass der Schutz von Eigentum ein berechtigtes Interesse an einer GPS-Überwachung begründen kann, wenn die getroffenen Maßnahmen angemessen und erforderlich sind.

Aktuelle Entscheidungen

  • ArbG Heilbronn, Urteil vom 29.9.2022, Az. 8 Ca 135/22 (Volltext): Die fristlose Kündigung eines Datenschutzbeauftragten wegen reiner Amtspflichtverletzungen ist nach Systematik sowie Sinn und Zweck von § 6 Abs. 4 BDSG unwirksam.
  • LG Gießen, Urteil vom 03.11.22, Az. 5 O 195/22 (GRUR-RS 2022, 30480): Kein Anspruch nach Art. 82 DSGVO gegen Facebook, da der Kläger einen konkreten Schaden, wozu auch Ängste, Sorgen, Stress sowie Komfort- und Zeiteinbußen zählen, nicht hinreichend dargetan hat.
  • VG Aachen, Urteil vom 24. März 2022, Az 8 K 1116/18 (Volltext): Kein Anspruch auf Auskunft nach Art. 15 DSGVO über eine anonyme Anzeige, die zu einer steueraufsichtsrechtlichen Prüfung des klägerischen Betriebs geführt hat.
  • LG Kleve, Urteil vom 28.09.2022, Az. 6 S 81/20 (GRUR-RS 2022, 29467): Der als Rechtsanwalt tätige Kläger hat gegen den Beklagten aus Art. 17 DSGVO keinen Anspruch auf Unterlassung von Werbeanrufen.
  • OLG Celle, Urteil vom 03.11.2022, Az. 5 U 31/22 (GRUR-RS 2022, 30961): Der Umstand, dass personenbezogene Daten überhaupt bei der Beklagten weiterhin gespeichert waren, begründet keinen Anspruch auf Schmerzensgeld nach Art. 82 DSGVO.
  • VG Neustadt a.d. Weinstraße, Beschluss vom 27.10.2022, Az. 3 L 763/22.NW (BeckRS 2022, 30971): Das Hosting einer amtlichen Homepage für den Zensus 2022 durch eine US-amerikanische Firma führt nicht zur Rechtswidrigkeit der Datenverarbeitung.

Neuigkeiten aus den Aufsichtsbehörden